Ceterum censeo

 

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Trendwörter oder Modewörter indizieren, was in einem Beobachtungszeitraum oder -zeitpunkt sprachbegrifflich in Mode oder den führenden  Themen, Positionen oder Attitüden zuzurechnen war.  Sie regen zu Reflexionen und Betrachtungen an:

Achtsamkeit.

Es ärgert, wenn ein Allerweltsbegriff plötzlich usurpiert und damit dem unverfänglichen Gebrauch entzogen wird. Begriffsbesetzung.

Ampel-Koalitionsvertrag.

Ein Steinbruch an Modewörtern.

anteilig.

Zur Kritik an Trump: Ein konsequentes und konsistentes Haltungsbild kann von niemand erwartet werden. Der Mensch ist anteilig, bis hin zur Schizophrenie.

aufmischen.

Der Neuling in der Gruppe, der ohne Rücksichten umgestaltet und dafür bestaunt werden soll. Eine befremdliche Vokabel.

Big Data.

„Grosse Daten“. Die Übersetzung offenbart das Mass an Spracharmut.

Challenge.

Schon der Melos vom Miserabelsten. Ähnlich die Bedeutung, die auch auf Deutsch nur Widerwillen erzeugt: Herausforderung. Fredmund Malik soll mit Blick auf jene, die sich rühmen, sie zu suchen, einmal gesagt haben: Es müsse ja einer nicht bei Trost sein, der solches in Wahrheit von sich sagen könne.

(ein Geheimnis, eine Information) durchstechen.

Die moderne Form der Meinungsumfrage.

(sich) einbringen.

… nennt der Selbstdarsteller sein Tun. Aus dem Arsenal der Heuchelei.

Einordnen, Einordnung. Sie unter O, „Wir ordnen ein“

Empörungsbewirtschafter:

… die Empörungsbewirtschafter der Feuilletons, die larmoyant nach Grenzen der Elitenbeschimpfung rufen.

Expat(s).

Im Klang ist alles gefasst. Gruss der Weltsprache.

(sich) fremdschämen.

Vokabel aus dem Umfeld derer, die ständig der Ansicht sind, andere sollten sich schämen.

Gegenöffentlichkeit.

… nennt eine herrschende Öffentlichkeit ihre vereinigte Gegnerschaft.

generieren.

Zu bombastisch geratener Versuch, Schlichtheit durch Bedeutung zu ersetzen.

Gesinnungskollektivismus.

… kann per se nie Modewort werden. Ihn beklagt nur der Widersteher.

gewöhnungsbedürftig.

… ist zunächst einmal, wer zur Kenntnis nehmen muss, wie der Ausdruck „gewöhnungsbedürftig“ verwendet wird. Der Gewöhnung bedürftig, also gewöhnungsbedürftig, ist, wer sich an etwas gewöhnen muss, nicht was die Gewöhnungsbedürftigkeit erzeugt. Dennoch wird regelmässig dieses und nicht jener als gewöhnungsbedürftig bezeichnet. Auch die bisweilen seltsame Sprachlogik ist nicht gewöhnungsbedürftig, sie macht es nur.

Haircut.

Haarschnitt, der englische Ausdruck haircut tönt noch etwas trockener, selbstverständlicher, ist die Trennung von störenden Hornfäden. Er verleiht ein etwas kahleres, geputztes Aussehen. Mit ihm den Verlust grosser Vermögen zu vergleichen setzt ein Verhältnis zum Geldwert voraus, das von Überfluss und Überdruss geprägt ist.

Haltungsmarkt.

Sich auf dem Haltungsmarkt umsehen. Grösstmögliche Offenbarung von Beliebigkeit.

Hass.

Hass wird regelmässig nicht bei sich selbst, sondern bei anderen verortet.

Dass Hass, horribile dictu, zu einem Trendwort werden konnte, ist Folge und Ausdruck einer Verrohung der öffentlichen, insbesondere politischen Auseinandersetzung. Der möglichst schadende, vernichtende Vorwurf tritt an Stelle der Bereitschaft zu einem redlichen, achtenden und weiterführenden Diskurs.

etwas hinüberwachsen lassen.

Für jemanden bestechen. Man erlebt das Natürliche, nimmt Teil am diskreten Bemühen des Hegenden, Wohlwollen zum Erblühen zu bringen.  Man spürt die Liebe, mit der die Regelwidrigkeit betrieben und beschrieben wird. Ein guter, ein trefflicher Ausdruck.

Infodemie:

Das Problem (Vorhandensein zutreffender und unzutreffender Informationen) besteht, ist aber unlösbar, wo es von der Ideologie des Betrachters abhängt.

Ist das gut für Dich/Sie?

Seltener Silberstreifen.

Koalitionsvertrag. Siehe unter A, „Ampel-Koalitionsvertrag“.

kommunizieren.

Sagen oder mitteilen, ambitiös-gespreizt.

kuratieren.

Man riecht den Schwefel des reinen Geltungsanspruchs.

Liebe Grüsse – auch in der Geschäftskorrespondenz.

Einebnung angemessener Differenz und groteske Heuchelei. Werkzeuge zum Erfolg sensu temporis.

Maggi-Würfel.

„Kaum einen Kopf grösser als ein Maggi-Würfel“. Auf einen bekannten Autokraten gemünztes Dictum. Virtuose Komik.

Mediokratie.

Ein Schlagwort aus dem demokratiepolitischen Diskurs, das jeden Biss verloren hat (solange man nicht in Erwägung zieht, dass damit die Herrschaft der Mediokren gemeint sein könnte).

Meinungskorridor.

Nicht Bandbreite bestehender Meinungen, nicht Ausdruck bestehender Diversität, sondern Ergebnis einer Korrektur, einer Ausgrenzung von Meinungen, einer verbotenen oder gebotenen Beschneidung der geistigen Freiheit.

Metropolitanregion.

Aus der Werbesprache der Ballungsförderer und Grossraumgestalter, für die das Kleine und die Grenze nur Überholtes, zu Überwindendes sind.

Mikroaggression.

An sich sinnvoller Begriff, der im Usus der political correctness zum Ärgernis wird. Auch hier gilt das zur Achtsamkeit Gesagte.

Neue Weltordnung.

Wer ordnet denn da?

Wir ordnen ein.

Übliche Ansage zu Themen-Kommentaren in der SRF-Tagesschau. „Wir ordnen ein.“ Die Meinungsführer ordnen ein. Statt: „Versuch einer Einordnung“, „wir versuchen, einzuordnen“.

Den Intellektuellen schaudert’s ob der Haltung, die die Formulierung verrät. Erinnerung an den arroganten, anmassenden Sprachgebrauch der Kommunikationsorgane autoritärer Regimes.

populistisch, Populismus, Populist

… werden vor allem als Kampfbegriffe zur Diskreditierung antielitärer Positionen verwendet. Populismus hat als zentrales Thema den Gegensatz zwischen „Volk“ und „Elite“.

„Populisten sind jene Menschen, die einen Spaten Spaten und eine Katze Katze nennen“ (William Shakespeare, 1564–1616).

postdemokratisch; Postdemokratie.

Aus dem Vokabular des sprachunbegabten politologischen Brandstifters.

Die Verwendung des Ausdrucks „postdemokratisch“ insinuiert, dass die Demokratie ein Verfalldatum trägt, in Überwindung steht. Eine „Postdemokratie“, Nachdemokratie, ist eine Demokratie, die auf eine Demokratie folgt. Das ist aber nicht gemeint damit, sondern ein nichtdemokratisches System, das eine  Demokratie abgelöst hat. Ein solches System darf aus sprachlogischen Gründen aber nicht auch selbst wieder als Demokratie bezeichnet werden.

postfaktisch; Fake-News

Dass „postfaktisch“ und „Fake-News“ zu Trendwörtern wurden weist auf eine Veränderung im Wertekanon einer breiteren Öffentlichkeit hin: kurzfristige Nützlichkeit wird höhergestuft, Wirklichkeit und Wahrheit rückgestuft.

Regelbasierte Ordnung.

Wessen Regeln?

Setting

Aus dem Wortschatz der Fachleute und Experten der professionellen Menschenverwaltung. Begriff, der das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Spassbremse.

Sprechen Sie das Wort langsam aus. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den Melos des Wortteils „Bremse“. Und lassen Sie die überraschende Kombination des Begriffs „Spass“ und seiner Aura mit dem Nomen einer sehr schlichten technischen Vorrichtung auf sich wirken. Werk eine Könners.

Standardsprache.

Standardsprache hat Hochdeutsch ersetzt. Hochdeutsch wurde durch Standardsprache ersetzt. Von wem? Warum? Wozu?

Übergriff

Übergriff im Namen des Guten (J. Joffe).

umdenken.

Vertraute Vokabel aus dem Jargon der Meinungsmacher und Vordenker. Für den Widersteher ein Hauch von Nordkorea.

urban.

Ehedem unverfängliches Fremdwort für städtisch, heute mit totalitärer Anmutung verwaltetes Gütesiegel der Liberalitätswächter. Sogar Thomas Mann muss sich daran messen lassen („schliesslich doch noch zu einem urbanen Demokraten“ geworden; NZZ am Sonntag vom 31. 1. 2010, S. 9).

Verschwörungstheorie

Als Verschwörungstheorie verunglimpft.

verstörend.

… ist, dass dieser Begriff politisch usurpiert wird. Weiterer Fall einer Begriffsbesetzung.

Willkommenskultur.

Zwei Fliegen auf einen Streich: Der Gebrauch der Vokabel entpuppt den Sprachbanausen und den Gutmenschen.

„Wir schaffen das“.

Sternstunde des Populismus.

Der Wutbürger.

Ehrentitel, für radikale Ausleger des Mainstreams reserviert.

Zivilgesellschaft

Nennt sich der Mainstream, um Andersdenkende auszugrenzen.